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Mutpolitik für Leuchttürme

WIR IM EGGETAL informiert sich beim Dorfkongress – Experten sehen gute Chancen für ländlichen Raum.

„Wo sich Menschen engagieren, da haben Dörfer eine Zukunft. Das wurde heute mal wieder deutlich“, resumiert Horst Kirchhoff, 1. Vorsitzender von WIR IM EGGETAL nach der gelungenen Veranstaltung der Bürgerstiftung Pr. Ströhen. Am vergangenen Samstag waren neben rund 300 Besuchern auch Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Kirche und auch Schule in der voll besetzten Aula des rahdener Gymnasiums zu Gast. „Für uns als aktive Dorfgemeinschaft war dieser Kongress eine gute Gelegenheit sich über aktuelle Entwicklungen und Trends zum Thema zu informieren“, ergänzt Sven Becker, 2. Vorsitzender des Vereins.

 

wessel kirchhoff becker dorfkongress 2016

Matthias Wessel, Horst Kirchhoff und Sven Becker von der Dorfgemeinschaft WIR IM EGGETAL informierten sich am vergangenen Samstag in Rahden auf dem ersten Drofkongress „Ländlicher Raum 4.0“ der Bürgerstiftung Pr. Ströhen.

 

Deutschlands renommiertester Zukunftsforscher Matthias Horx vermittelte mit seinem Vortrag „Comeback der Dörfer“ dem Auditorium eindrucksvoll welche Chance sich für die Entwicklung im ländlichen Raum bieten. „Unsere Bedürfnisse haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert und somit auch unsere Lebensformen“, erklärte Horx. Engagierte Bürgerschaften mit kreativen Ideen können ein Dorf lebendig halten. Es stelle sich nicht die Frage was man tun könne damit die Menschen nicht in die Städte abwandern. Dies sei der falsche Ansatz. Vielmehr müsse man sich überlegen welche Stärken ein Dorf hat, die sich als attraktiv herausstellen lassen und mit denen man werben kann. „Das Engagement muss von innen kommen und kann nicht von oben verordnet werden“, mahnte der Forscher zu Eigeninitiative. „Kreative Dörfer haben den Mut zu Leutturm-Projekten“, betonte Horx. Die französische Region Limousin etwa habe viele Einwohner verloren. Nun werde dort aber Lebensqualität propagiert und Slow Citys sowie Genuss – die Einwohnerzahl steige wieder. Nach Einschätzung von Horx bedürfe es aber auch einer regionalen Mutpolitik. Nur so hätten die Dörfer eine gute Chance zu überleben.

In einer anschließenden Podiumsdiskussion bemängelte der Geograph Prof. Dr. Gerhard Henkel die Entscheidungen der Politik. Er griff den Entwurf des Landesentwicklungsplanes NRW (LEP) scharf an. Nach seiner Auffassung schade die zentralistische Raumordnung dem ländlichen Raum. „Haben die in Düsseldorf gar nicht gemerkt, wo die Wirtschaft richtig funktioniert?“ So würde das ehrenamtliche Engagement in den Dörfern beseitigt und Apathie und Resignation machen sich breit, mahnt der Experte. Henkel ist überzeugt, die Bürger und die Kommunalpolitik müssen das Dorf ganzheitlich wahrnehmen und fördern.

In der Diskussion um Themenortschaften erkannte rahdens Bürgermeister Dr. Bert Honsel ganz klar die Symbiose zwischen den Ortschaften und der Kernstadt. „Wir hier vor Ort müssen uns um unsere Ortschaften selbst kümmern“, bekräftigt der Bürgermeister.

Der espelkamper Unternehmer Paul Gauselmann machte deutlich, dass ein gutes Freizeitangebot wichtig ist. Grundlage für eine Zukunft des ländlichen Raumes sei aber auch eine florierende Industrie mit Arbeitsplätzen. „Unsere Dörfer haben Zukunft, wenn man die Unternehmen vor Ort hält“, sagt Gauselmann überzeugt.

Der Haselünner Bürgermeister Werner Schräer plädiert für kleine Schulen, um Dörfer lebendig zu halten. Das Wohl der Kinder müsse man beachten und nicht immer nur gucken, ob das bezahlbar sei, so Schräer.

 

landlust dorfkongress 2016

In dein 17 offenen Foren hatten die Besucher die Möglichkeit eigenen Erfahrungen mit einzubringen. Arbeit, Leben und Freizeit sollten bei klugen Dorfkonzepten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. 

 

Der Kreis unterstütze die Dörfer wo er könne, sagte Landrat Dr. Ralf Niermann. Momentan ist etwa eine Masterstudie über mögliche Fördermittel zum Breitband-Ausbau in Arbeit. Er teile die Ansichten Henkels, wobei es den Kreis aber gut aufgestellt sieht. Flüchtlinge seien eine Chance, sagte Niermann. „In 10 bis 15 Jahren können sie in vielen Betrieben eine wichtige Stütze sein.“

Der Bielefelder EU-Parlamentarier und CDU-Politiker Elmar Brok ist überzeugt, dass besonders in dörflichen Strukturen menschliche Beziehungen entstünden, die ein Leben lang halten. Seine besten Freunde seien die, die er schon als Jugendlicher in seinem Heimatdorf gehabt habe. „Was zählt ist die Schönheit der Dörfer und das Zusammenleben in Verbindung mit Infrastruktur und Firmen, die sich entwickeln können“, erklärt Brok.

„Wir haben heute viele gute Anregungen und Eindrücke bekommen, die wir jetzt für unser Dorf auswerten werden“, erklärt Matthias Wessel von WIR IM EGGETAL. „Unser Eggetal bietet gute Perspektiven im Hinblick auf die von Matthias Horx erwähnten Themenortschaften“ findet der Pressewart. So könne etwa der kulinarische Aspekt in Verbindung mit dem Eggtaler Panorama Rundwanderweg die Attraktivität des Tals erhöhen. Das fehlende Interesse Eggetaler Ratsmitglieder und Vertretern der Stadt an dem Dorfkongress sah Wessel hingegen kritisch. „Dorfentwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess, der nicht nur durch engagierte Bürger einer Dorfgemeinschaft gestaltet und umgesetzt werden kann.“

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